Schnelle Hilfe in prekären Lagen

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# Beratende Dienste

Schnelle Hilfe in prekären Lagen

Schnelle Hilfe in prekären Lagen 

Joel Heinecker (27) arbeitet seit November in der Sucht- und Sozialberatung beim Diakonischen Werk. Zuvor war er Wohnungslosenberater beim Kommunal-Diakonischen-Wohnungsverband (KDWV). Im Interview erzählt der studierte Sozialarbeiter wie Sterntaler-Spenden vielen Menschen den Alltag erleichtern.


Wie sind Sie zur Sucht- und Wohnungslosenberatung gekommen? 

Heinecker: Mir war ziemlich früh klar, dass ich mit Menschen arbeiten will. Ich habe hier beeindruckende Klienten, die eine beeindruckende Lebensgeschichte und eine beeindruckende Lebensrealität haben. Die sehr viel leisten. Das Leben als süchtige und/oder wohnungslose Person zu gestalten, das verursacht enormen Stress. Damit klarzukommen, ist eine beachtliche Sache. 

 

Können Sie das an einem Beispiel verdeutlichen? 

Heinecker: Ich habe einen Klienten, der seit Jahren obdachlos war. Er war viel unterwegs und hatte eine psychiatrische Grunderkrankung. Parallel hat er eine Suchterkrankung entwickelt. Er ist immer mal wieder in Kliniken gewesen. Die entließen ihn jedoch wieder in die Obdachlosigkeit. Beziehungsweise er hat sich immer wieder selbst entlassen. Er ist viel rumgekommen und wurde auch beim Schwarzfahren häufig erwischt. In der Notaufnahmeeinrichtung des Kommunal-Diakonischen Wohnungsverbandes hat er Probleme gehabt, weil die nicht dafür ausgelegt ist, dass Menschen mit psychischen Problemen dort gut leben können. Die Belegung ist zeitweise sehr eng und es besteht wenig Anbindung an beispielsweise therapeutische Angebote. Und wenn Leute auf längere Zeit auf engem Raum zurechtkommen müssen, die alle in einer sehr belastenden Situation sind, ist der Druck sehr groß. Da kann es schon mal zu Auseinandersetzungen kommen und psychische Probleme können das verstärken. 

 

Wie konnte dem Mann geholfen werden? 

Heinecker: Er hat sich selbstständig in stationäre psychiatrische Behandlung begeben, dort Kontakte geknüpft und so eine Wohnung gefunden. Allerdings hatte er seine Ausweispapiere verloren. Oder sie wurden ihm geklaut. Das weiß er nicht mehr so genau. Ohne Ausweis ist kein Antrag auf soziale Hilfen möglich. Die Aktion Sterntaler hat unbürokratisch geholfen und ihm die 50 Euro gegeben, die ein Ausweis mit Passfotos ungefähr kostet. 

 

Wie helfen Sterntaler-Spenden noch? 

Heinecker: Was viele Menschen brauchen, die zu uns in die Beratung kommen, sind Tafel-Gutscheine. Die Tafel kostet zwar nur drei Euro pro Einkauf. Das können jedoch immer mehr Leute nicht mehr aufbringen. Da stellen wir dann Gutscheine aus, damit die Tafel weiß, dass sie das mit dem Diakonischen Werk verrechnen kann. Auch hier kommen Sterntaler zum Einsatz. Das funktioniert sehr gut und ist für viele eine immense Erleichterung. Eine Kollegin, die Sozialberatung in Meldorf macht, hat mir vor Kurzem gesagt, die Zahl der Tafelgutscheine, die sie vergibt, habe sich in diesem Jahr verdoppelt. 

 

Warum ist die Zahl der ausgegebenen Tafelgutscheine so rasant gestiegen?

Heinecker: Das Bürgergeld wurde zwar zum Jahreswechsel von 2022 auf 2023 erhöht. Bei einer alleinstehenden Person um etwa 50 Euro. Diese Erhöhung ist bei den meisten allerdings direkt in die ebenfalls gestiegene Abschlagszahlung für den Strom geflossen. Da ist kein Geld mehr übriggeblieben, um die steigenden Lebensmittelpreise zu kompensieren. Zum kommenden Jahreswechsel soll das Bürgergeld nochmal erhöht werden, von 502 auf 563 Euro. Wir hoffen, dass das für viele Menschen eine Erleichterung sein wird. 

 

Aus welchen Gründen kommen Menschen in Situationen, in denen sie keine Wohnung mehr haben? Hätten Sie dafür auch ein Beispiel? 

Heinecker: Ich hatte mal einen Klienten, der nach einem Trauerfall in ein sehr tiefes Loch gefallen ist. Im Zuge dessen hat er seine Arbeit verloren, sich immer mehr zurückgezogen und sich eingeigelt. Er hat aufgehört, seine Post zu öffnen und hat auch keine Anträge auf soziale Hilfen gestellt. Irgendwann wurden die Mietzahlungen eingestellt. Der Vermieter hat ihm gekündigt und sich später an das Gericht gewandt, um einen Räumungstitel zu erwirken. Mein Klient erfuhr erst etwas davon, als der Gerichtsvollzieher vor seiner Tür stand, um die Wohnung zu räumen, weil er es aufgrund seiner psychischen Belastung nicht mehr geschafft hatte, seine Post zu öffnen. Für ihn ist die Kündigung erst Realität geworden, in dem Moment in dem er gezwungen wurde auszuziehen. Er ist dann bei uns in die Notunterkunft gekommen. Wir haben in dem Moment seine sozialen Leistungen beantragt, die er auch zwei, drei Wochen später schon bekommen hat. Zur Überbrückung halfen ihm in dieser Zeit Tafel-Gutscheine. 

 

Wie gehen Sie mit den emotional belastenden Erfahrungen um, denen Sie sie bei Ihrer Arbeit begegnen? 

Heinecker: Wir haben hier eine regelmäßige gemeinsame Supervision für die Mitarbeiter der Sucht-, Sozial-, Wohnungslosen- und Mutter-Kind-Kuren-Beratung. Darüber hinaus pflegen wir einen sehr engen kollegialen Austausch. Schlaflose Nächte habe ich nicht. Ein Vorteil ist, dass ich nicht in Heide wohne und so auch räumlichen Abstand zu den Problemen habe, mit denen ich konfrontiert werde. Das hilft mir persönlich, eine professionelle Haltung gegenüber den Klienten zu wahren.

 

Das Spendenkonto

Die Bereitschaft der Dithmarschen, mit Geldspenden Mitbürger zu unterstützen, die finanziell nicht auf Rosengebettet sind, ist auch in diesem Jahr groß. Bis jetzt sind auf dem Spendenkonto der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtverbände Diakonie, Arbeiterwohlfahrt und Rotes Kreuz schon mehr als 25.000 Euro eingegangen. 

Sparkasse Westholstein

Diakonisches Werk

IBAN: DE08 2225 0020 0060 0080 19

Stichwort: Aktion Sterntaler  


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